Wie wollen wir entscheiden, was reguliert werden sollte und was nicht? Wie bewerten wir die Verringerung von Risiken oder den Nutzen fĂŒr Gesundheit, Sicherheit und Umwelt? Eine oft genannte Antwort: Die Kosten-Nutzen-Analyse (Cost-Benefit-Analysis). đĄ
Leider wird hier hĂ€ufig ein Fokus auf individuelle statt systemische Perspektiven gelegt, dennoch ist es wichtig zu verstehen, wie sie funktioniert, was ihre Vor-und Nachteile sind und welche Implikationen sie hat. Wie können und sollten wir sie in Entscheidungsprozessen anwenden - gerade in Hinblick auf langfristige Prozesse wie Klimafragen? đ
"Wenn wir klimaschĂ€dliche Privilegien abschaffen, wird Klimaschutz billiger. Und wenn wir auĂerdem die wahren Kosten des Umwelt- und Klimaschutzes fair einpreisen, zahlen die Verursacher, nicht die Allgemeinheit. " Claudia Kemfert
Definition
Ein wirtschaftliches Verfahren zum quantitativen Vergleich der Auswirkungen & des Nutzens einer MaĂnahme oder Investition, das hilft, Entscheidungen zu treffen. Die Grundprinzipien können auf jeden Entscheidungsprozess angewandt werden, unabhĂ€ngig davon, wird aber vor allem von Organisationen und Institutionen durchgefĂŒhrt.
DurchfĂŒhrung
Identifizieren aller Nutzen & Kosten
Zuschreibung eines Wertes fĂŒr jeden Faktor
Diskontierung von Zeit und Risiko
Ermittlung des Gesamtwertes & Vergleich
Vorteile
Effizienz: geeigneter Vergleich zwischen Alternativen mit begrenzten Ressourcen
ObjektivitĂ€t: Festlegung allgemeiner Standards fĂŒhrt zu Ordnung innerhalb komplexer Informationsgeflechte
Transparenz: Erfassen des Vorgehen; Schaffung einer Rechenschaftspflicht fĂŒr Entscheidungen
Aufdecken versteckter Kosten: Skizzieren aller mit einem Projekt verbundenen potenziellen Aspekte, was auch âversteckteâ  Auswirkungen aufdecken kann
Nachteile
Wertorientierung: Vereinfachen fĂŒhrt uns an Grenzen der Quantifizierung (z.B. Wert eines Menschenlebens)
Gerechtigkeitsdilemma: VerstÀrken bestehender Machtdynamiken sowie Ungleichheit: wer trÀgt die Kosten?
âDelay biasâ: AbwĂ€gung aktueller Kosten gegen zukĂŒnftige Vor-/Nachteile; Umgang mit Umumkehrbarkeit nicht berĂŒcksichtigt
Intransparenz: Ungenauigkeiten auf Informationsseite fĂŒhren zu falschen Schlussfolgerungen
Der Versuch eines Fazits
Wie wir gesehen haben, bringt die Kosten-Nutzen-Analyse nicht nur Vorteile, sondern auch einige Nachteile, die oft keine BerĂŒchsichtigung in Entscheidungsprozessen finden. Zusammenfassend sollte vor allem darĂŒber diskutiert werden, ob (ökonomische) Effizienz das MaĂ ist, an dem wir Entscheidungen beurteilen wollen. In verschiedenen Kontexten mĂŒssen oft auch verschiedene Methoden gefunden werden, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Zudem ist der Horizont vorrangig auf kurz- und mittelfristige Analysen der UmstĂ€nde angelegt: das fĂŒhrt hĂ€ufig zu Verzerrungen, wenn es um die Bewertung von langfristigen FolgeschĂ€den geht. Vor allem in Hinblick auf ökologische Fragestellungen und den Zusammenhang von Ăkonomie und Ăkologie sollte dies kritisch hinterfragt werden. Dem Modell der Kosten-Nutzen-Analyse liegen fehlerhafte Annahmen zu Grunde. Menschen sind keine rationalen Entscheider (Stichwort homo oeconomicus) und handeln nicht immer nur im eigenen Interesse, was zu systematischen Fehlern in der AbwĂ€gung unterschiedlicher Faktoren fĂŒhren kann.
Was sind alternative Modelle?
Alternativen könnten Risikomatrizen, Wesentlichkeitsanalysen oder auch technologiebasierte Regulierungen darstellen. AuĂerdem könnte auch eine Risiko-Nutzen-Analyse zu verbesserten Vergleichen fĂŒhren. Auf alternative AnsĂ€tze werde ich in weiteren BlogbeitrĂ€gen eingehen.
Zum Weiterlesen oder fĂŒr tiefergehende Einblicke
Havard Business School (2019). How to do a cost-benefit analysis & why itâs important.
Heinzerling, L., & Ackerman, F. (2002). Pricing the priceless. Costbenefit analysis of environmental protection. Georgetown Environmental Law and Policy Institute, Washington.
Viscusi, W. K. (2005). Monetizing the benefits of risk and environmental regulation. Fordham Urban Law Journal. LJ, 33, 1003.
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